Mönchengladbach. So viel ist klar: Die Corona-Krise wird für Mönchengladbach und seine Menschen nachhaltige Folgen haben. Gerade auch wirtschaftlich, denn die Stadt hat ja die Einnahmeausfälle aus der Gewerbesteuer und der Einkommens-steuer zu verkraften. Insbesondere die Gewerbesteuer ist eine der wenigen Steuerarten, die Städte direkt erhalten. In Mönchengladbach sind es in starkem Maße mittelständische Unternehmen, Gewerbebetriebe, die mit der lokalen Wertschöpfung verbunden sind, und solche, die hier ihre Zentrale haben, die das Gewerbesteueraufkommen tragen.
Global agierende Internetkonzerne tragen dagegen kaum zum kommunalen Gewerbesteueraufkommen bei. So sind es gerade die digitalen Konzerne, die in der Corona-Krise vom Boom im Internethandel wirtschaftlich gewaltig profitieren – nur versteuern sie ihre Umsätze nicht in Deutschland. Vor allem Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook und Apple machen gute Geschäfte in Europa, zahlen hier aber kaum Steuern. Amazon etwa kann sich am Standort Rheindahlen über eine gut ausgebaute Logistik freuen, über gut ausgebaute Straßen, über die die Waren transportiert werden. Anders aber als ein Mittelständler, der vor Ort seine Steuern zahlt, hat der global agierende Internetgigant viele Möglichkeiten, seine Gewinne zu verlagern. Solidarität sieht anders aus.
Für Mönchengladbachs Grüne ist deshalb klar: Der Bundesgesetzgeber muss umgehend dafür sorgen, dass die global agierenden Internetkonzerne ihre in Deutschland entstehenden Umsätze und Gewinne auch hier versteuern. „Besonders in Krisenzeiten wie diesen müssen wir da eine Steuergerechtigkeit herstellen“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Karl Sasserath. Er verweist auf die vielen örtlichen mittelständischen Unternehmen, die sehr vom Export abhängig sind. „Sie bilden das Rückgrat der kommunalen Beschäftigung und des hiesigen Arbeitsmarktes“, sagt Sasserath. Diese Struktur, so seine Forderung, müsse gestärkt und geschützt werden.
Die desolate Finanzlage der Stadt macht die Sache nicht besser: Derzeit drückt die „Vitusstadt“ ein riesiger Schuldenberg von etwa einer Milliarde Euro. Bereits 2019 begannen die Steuereinnahmen erstmals wieder zu sinken. Nun ist die Corona-Krise da. Durch sie wird der kommunale Anteil an Einkommens- und Umsatzsteuer drastisch zurückgehen. Gleichzeitig ist mit zusätzlichen Sozialausgaben durch den zu erwartenden Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen. „Damit wäre die Handlungsfähigkeit der Stadt unmittelbar zu Ende“, befürchtet Dr. Boris Wolkowski, Kandidat der Grünen für das Amt des Oberbürgermeisters in Mönchengladbach.
„Die sinkenden Gewerbesteuern dürften wohl das größte Loch in die Stadtkasse reißen. Viele Konzerne, Betriebe und Selbstständige kämpfen derzeit ums Überleben. Bei der Stadt wird also erheblich weniger Geld ankommen als bisher geplant“, ergänzt Grünen-Ratsfrau Ulla Brombeis, Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Beteiligungen der Stadt Mönchengladbach. Unglückliche Entscheidungen aus der Vergangenheit, wie etwa der Beschluss, die Anteile des Düsseldorfer Airports am Gladbacher Flughafen zu übernehmen (mit einem jährlich Minus von 2,7 Millionen Euro), tun dazu ihr Übriges. Die Subventionen der Düsseldorfer – die bislang den jährlichen Verlust kompensieren – laufen im Jahr 2021 aus. Auch hier muss Mönchengladbach einspringen, ansonsten drohte dem kommunalen Unternehmen die Insolvenz. Hintergrund: Staatliche Hilfen können nur solche Unternehmen beantragen, die mehrheitlicher in privater Hand sind.
Von Bund und Land erwarten die Mönchengladbacher Grünen angesichts dessen einen Corona-Schutzschirm für die Kommunen. „Auch die Städte und Gemeinden brauchen einen Schutzschirm, um die kommunale Handlungsfähigkeit weiter garantieren zu können“, betonen Brombeis, Sasserath und Wolkowski unisono. Die Drei fordern ebenso wie die Grünen in den Großstädten des Ruhrgebiets von der Landesregierung NRW, den Kommunen Zugang zu zinslosen Krediten zu gewähren, direkte Finanzhilfen zu leisten und das Haushaltsrecht entsprechend zu verändern. Dazu gehört natürlich auch eine vollständige Erstattung ausfallender Kita-Beiträge.
Man muss kein Prophet sein um festzustellen, dass die Stadt Mönchengladbach in Folge des Einbruchs bei den Gewerbesteuern 2020 keinen ausgeglichenen Haushalt erreichen kann. Die „Vitusstadt“ wird die Vorgaben des Stärkungspaktes NRW, im Jahr 2021 den Haushalt ohne die Hilfen der Landesregierung auszugleichen und gleichzeitig Altschulden abzubauen, nicht einhalten können. „Jetzt rächt sich, dass die Bundesregierung keinen Altschuldenfonds für die notleidenden Kommunen geschaffen hat, der den hoch verschuldeten Städten die Möglichkeit gibt, sich von den Altschulden und ihrer drückenden Zinslast zu befreien“, stellt Karl Sasserath fest. Die Verantwortung für das Scheitern sieht er bei der CDU/CSU im deutschen Bundestag, die die Umsetzung dieses Vorschlages der SPD bisher verhindert hat.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende erinnert an die Altschuldenhilfe für überschuldete Städte: „Die Bundesregierung muss jetzt die Altschuldenhilfe schnell auf den Weg bringen und CDU/CSU ihre Blockadehaltung aufgeben. Wir Grünen unterstützen Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dafür die Schuldenbremse zu lockern.“ Begleitend müsse NRW nach dem Vorbild anderer Bundesländer eigene Hilfen für die Schulden-Kommunen auf den Weg bringen. Vor allem hochverschuldete nordrhein-westfälische Großstädte wie Mönchengladbach brauchen diese Entlastung durch den Bund. Fast ein Drittel aller kommunalen Kassenkredite in Höhe von bundesweit 46 Milliarden Euro entfallen auf die altindustriellen Kommunen NRWs. Für die Altschuldenhilfe des Bundes hatte sich zuletzt noch Mönchengladbachs Kämmerer Michael Heck in Berlin eingesetzt. „Dass der Einsatz jetzt Gehör findet, das können wir nur hoffen“, sagt Karl Sasserath.