Der Vorschlag Robert Habecks, für die Finanzierung der gesetzlichen Renten- und Krankenkassen auch Einkünfte aus Kapitalerträgen heranziehen, hat für viel Wirbel gesorgt. Tatsache bleibt: Die sozialen Sicherungssysteme – also Rentenversicherung und gesetzliche Krankenversicherung – werden in den kommenden Jahren erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel benötigen. Die Politik muss handeln, denn die Zusatzbeiträge, die die Krankenkassen erheben, erhöhen sich derzeit deutlich. Sie kommen zum allgemeinen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 14,6 Prozent hinzu. Über die Höhe ihres Zusatzbeitragssatzes entscheidet jede Kasse selbst. Diese Steigerung hatte Jens Baas, der Chef der Techniker Krankenkasse, zum Anlass genommen, vor einem weiteren deutlichen Anstieg der Krankenkassenbeiträge zu warnen. In den kommenden Jahren, so Baas, drohe ohne politisches Eingreifen ein Anstieg auf 20 Prozent.
Das Rezept der Politik gegen die Teuerung in den letzten Jahren: Die Leistungen bei der Krankenversicherung wurden gekürzt, das Rentenniveau reduziert oder die Beiträge insgesamt wurden erhöht.
„Robert Habecks Vorschlag, Kapitaleinkünfte nicht nur pauschal zu versteuern, sondern diese auch mit Sozialabgaben zu belegen, ist insofern nur ein weiterer Ansatz von vielen, die diskutiert werden. Er richtet sich auf die Heranziehung von sehr großen Kapitalerträgen, um die Krankenkassenbeiträge von normal gesetzlich Versicherten in Grenzen zu halten“, erklärt Marcel Klotz, finanzpolitischer Sprecher der Grünen in Mönchengladbach und zugleich grüner OB-Kandidat. Der Vorschlag, so Klotz, sei keineswegs neu. „Auch die CDA, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft und somit eine Organisation der CDU, hat dies bereits 2023 vorgeschlagen“, betont der Grünen-Finanzpolitiker. „Da wir uns aber im Wahlkampf befinden, werden Vorschläge von manchen Politikern immer etwas verzerrt dargestellt.“ Robert Habeck gehe es darum, mit seinem Vorschlag mehr Solidarität innerhalb des Systems zu erreichen, weil die Kapitalerträge bisher von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt sind. „Dadurch“, so Klotz, „sind die Arbeitslöhne stärker belastet als die Kapitalerträge.“
Hintergrund: Auf Kapitalerträge werden keine Sozialabgaben gezahlt, lediglich eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent wird auf Einkünfte erhoben, die über den Freibetrag von 1.000 Euro hinausgehen. „Wir können nicht weitermachen wie bisher – und was wäre denn auch die Alternative?“, fragt Marcel Klotz. „Noch mehr Leistungs- bzw. Renten-kürzungen? Das kann es nicht sein.“ Die nun insbesondere von der CDU vorgetragene Kritik, jetzt wollten die Grünen auch noch ans Sparguthaben der Menschen und ihre Erträge ran, lässt Klotz nicht gelten: „Für normale Sparer wird sich überhaupt nichts ändern“, so der Grünen-Finanzpolitiker. „Es geht um diejenigen, die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich aus Zinsen oder Dividenden bestreiten. Menschen mit dieser Einkunftsart zahlen bisher keine Sozialabgaben auf ihr Einkommen. Das ist ungerecht.“ Keineswegs sei vorgesehen, dass Kleinsparer oder Rentner herangezogen würden. Diese sollen auch weiterhin geschützt werden, denn ihr Haupteinkommen liege in der Regel in einer nicht selbstständigen Arbeit. Daher werde es eine großzügige untere Bemessungsgrenze geben.
Die Grünen hatten sich bereits Ende 2024 zu der Frage geäußert, wie man das Problem der Renten stabilisieren könnte. Unter anderem sah man die Möglichkeit, höhere Einkommen höher zu besteuern und die Beitrags-bemessungsgrenzen nach oben zu versetzen. Menschen mit höheren Einkommen würden dann mehr Rentenbeiträge zahlen, Menschen mit geringeren Einkommen weniger. Ein anderer Vorschlag war, einen Bürgerfond einzurichten, der bestehende Renten – insbesondere die niedrigen – anheben würde.
Im Entwurf des aktuellen Wahlprogramms der Grünen, das am 26.1.2025 verabschiedet wird, heißt es konkret:
„So tragen Versicherte mit finanziell starken Schultern stärker zur Finanzierung von Pflege und Gesundheit bei als solche, die nur über geringe Einkünfte verfügen. Die Beitragsbemessung werden wir reformieren und beispielsweise auch Kapitaleinnahmen zur Finanzierung unseres Gesundheits- und Pflegesystems heranziehen. Damit schützen wir auch Löhne und Gehälter vor höheren Beitragsabgaben. Um freiwillig versicherte, geringverdienende oder in Teilzeit beschäftigte Soloselbstständige besser abzusichern, werden wir die Mindest-bemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung reformieren.“
Quelle: https://www.gruene.de/artikel/zusammen-wachsen
„Wir Grünen machen uns, wie man sieht, sehr viele Gedanken dazu, wie die beiden Problembereiche Renten- und Krankenkassenbeiträge verbessert werden könnten“, fasst Marcel Klotz zusammen. „Wir betrachten es daher auch als legitim, über die besonders großen Kapitalertragseinkommen nachzudenken und wie man diese stärker zur Verantwortung heranziehen kann.“ Der aktuelle Vorschlag von Robert Habeck stelle insofern nur einen von vielen Ansätzen zur Diskussion dar.
Marcel Klotz: „Robert Habeck hat bei seinem Vorschlag deutlich gemacht, dass kleinere Einkommen und kleine Anleger verschont werden müssen und vielmehr eine Entlastung erhalten.“ Die Stimmungsmache von Christdemokraten und konservativer Medien bei diesem Thema sind seiner Ansicht nach dem aktuellen Wahlkampf geschuldet.
Kurz und kompakt
Bildzeile:
> Steigende Ausgaben und der demographische Wandel belasten die Renten- und gesetzliche Krankenkasse.
> Alternativen zur Lösung des Problems sind steigende Beiträge oder Leistungs- bzw. Rentenkürzungen.
> Ebenfalls denkbar sind Anhebungen von Beitragsbemessungsgrenzen und Versicherungspflicht für Freigestellte wie z. B. Unternehmer.
> Robert Habecks Vorschlag ist nur ein weiterer Ansatz von vielen, die diskutiert werden. Er zielt auf die Heranziehung von sehr großen Kapitalerträgen, um Beiträge zu den Sozialversicherungen zu generieren.
> Die Grünen unterstreichen bei der angedachten Finanzierung der gesetzlichen Renten- und Krankenkassen durch Einkünfte aus Kapitalerträgen ausdrücklich den Schutz von Rentnern, Geringverdienern und Kleinanlegern.
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