Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Straße in Josef-und-Hilde-Wilberz-Straße

Personen

Fraktionsantrag
Hauptausschuss: 25.09.2014
Rat: 01.10.2014

Beratungsgegenstand
Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Straße im Stadtbezirk Mönchengladbach-Nord in Josef-und-Hilde-Wilberz-Straße

Beschlussentwurf
Der Rat der Stadt Mönchengladbach bittet den Oberbürgermeister der Bezirksvertretung Nord über den Bezirksvorsteher die Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Straße in Josef und Hilde Wilberz Straße zu empfehlen.

Der Rat der Stadt Mönchengladbach bittet die Bezirksvertretung Nord der Empfehlung des Rates und einer Empfehlung des Oberbürgermeisters zu folgen und zu beschließen, die in einem belasteten historischen Bezug stehende Lettow-Vorbeck-Straße in Josef-und-Hilde-Wilberz-Straße umzubenennen.

Der Oberbürgermeister und die Bezirksvertretung Nord werden gebeten, die Voraussetzungen zu schaffen, damit der Beschluss des Rates zügig umgesetzt werden kann.

Begründung
Die vom Mönchengladbacher Ehepaar Josef und Hilde Wilberz ins Leben gerufene Stiftung gehört zum festen Bestandteil der sozialen Tradition Mönchengladbachs. Die Stiftung fördert seit vielen Jahren uneigennützig im Interesse des Gemeinwohls zahlreiche Vereine, Organisationen und Projekte. Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 durch die Eheleute Josef und Hilde Wilberz hat die Stiftung zahlreiche gemeinnützige Organisationen und in Not geratene Menschen im Raum Mönchengladbach unterstützt. Das Spektrum reicht von Betreuungsangeboten für Kinder- und Jugendliche über die Behinderten-, Senioren- und Arbeitslosenhilfe bis hin zum Tierschutz.

Das Mönchengladbacher Ehepaar Wilberz gehörte zu den Menschen, die christliche Gesinnung in überzeugender Weise in soziales Handeln umsetzten – soziale Verantwortung war für Josef und Hilde Wilberz gelebte Realität. Der Vorstand und das Kuratorium der Josef und Hilde Wilberz-Stiftung führen diesen Gedanken nach dem Tod des Ehepaars fort.

Im Jahre 2010 feierte die Stiftung mit einem großen Jubiläumsfest ihr 30-jährige Bestehen. Mit der großen Spendenaktion „30 x 3000“ erinnerte der Stiftungsvorstand an die Stifter und machte mit dieser Aktion einer größeren Gruppe von gemeinnützigen Organisationen zum Jubiläum im Sinne der Stifter ein besonderes Geschenk.

Auf Grund der herausragenden Bedeutung der Josef und Hilde Wilberz-Stiftung für die soziale Tradition Mönchengladbachs möchte die Stadt Mönchengladbach dieses bedeutende Werk bürgerschaftlichen Engagements mit dieser Umbenennung würdigen.

Die Lettow-Vorbeck-Straße wurde im Jahre 1935 nach dem Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck, der im Ersten Weltkrieg die deutsche Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika kommandierte, benannt.

In den vergangenen Jahren habe viele Städte in Deutschland durch externe Gutachten und Kommissionen wissenschaftlich fundiert untersuchen lassen, ob durch das Handeln von General von Lettow-Vorbeck die Voraussetzungen gegeben sind, die eine Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Straße ermöglichen. Insbesondere die Frage der persönlichen Schuld wurde geprüft. Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover hatte dazu ein umfangreiches Gutachten von Prof. em. Dr. Helmut Bley über Paul von Lettow-Vorbeck in Auftrag gegeben. Auszüge aus diesem Gutachten sind als Anlage diesem Antrag beigefügt. Das vollständige Gutachten wurde dem Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach und dem Stadtarchiv Mönchengladbach zugänglich gemacht; es ist dort einsehbar.

Aus diesen Auszügen ist eindeutig erkennbar, dass Lettow-Vorbeck eine Person ist, die im Nachhinein Bedenken auslöst, weil sie Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verfassung, der Menschenrechte bzw. einzelner für die Gesamtrechtsordnung wesentlicher Gesetze steht. Zusätzlich sind zumindest im Feldzug in Ostafrika im Ersten Weltkrieg, der Nachweis persönlicher schwerwiegender schuldhafter Handlungen als gesichert anzusehen.

Ein weiterer Punkt, auf den vor dem Hintergrund der Anregungen der „Kommission für eine Kultur des Erinnerns“ in Wuppertal hingewiesen werden muss, ist Lettow-Vorbecks Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Nachdem er 1920 wegen seiner Teilnahme am Kapp-Lüttwitz-Putsch aus der Reichswehr entlassen wurde, wurde er 1936 reaktiviert und zu Übungen der Wehrmacht einberufen. Hitler ernannte ihn 1939 zum General zur besonderen Verwendung. Weiterhin unterstützte Lettow-Vorbeck als Propagandist die kolonialrevisionistischen Ambitionen der Nationalsozialisten. Er war Mitglied in einer Reihe von kolonialen Vereinigungen und Verbänden, die 1936 zum Reichkolonialbund zusammengeschlossen wurden. Die NS-Kulturgemeinde vermittelte ihn als offiziellen Vortragsredner. Mit seinem Engagement unterstützte Lettow-Vorbeck die kolonialen Ambitionen des NS-Staates.

In diesem Zusammenhang ist Lettow-Vorbecks Einstellung und Einschätzung der Kolonialfrage in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu betrachten. Bemerkenswert sind Äußerungen in seinem Buch „Afrika, wie es ich es wiedersah“. Hier wird z.B. von ihm ebenfalls die Mär des lange Zeit von den südafrikanischen Apartheid-Regierungen vermittelten Gesichtsbildes vertreten, dass die Holländer gleichzeitig mit den Bantustämmen das südliche Afrika besiedelt hätten. Somit sei Südafrika als ein selbstständiger weißer Staat legitimiert. Er spricht der schwarzen Bevölkerung eine Gleichberechtigung ab, sonst „…würden die Weißen von den Schwarzen beherrscht werden“. Nach Lettow-Vorbecks Meinung „ … bedeutet Apartheid nicht Unterdrückung der Schwarzen“ sondern  „  …durch strikte Apartheid lässt sich wenigsten einigermaßen Ordnung halten.“

Lettow-Vorbeck hat sich noch 1957 in seinen Memoiren „Mein Leben“ (Biberach an der Riss: Koehler, 1957) nicht im Nachhinein von den objektiv vorhandenen Menschenrechts-verletzungen distanziert.

Aufgrund dieses Ergebnisses sieht der Rat der Stadt Mönchengladbach die Voraussetzungen für eine Empfehlung er vorgeschlagenen Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Straße für gegeben an.

Mönchengladbach, den 30.04.2014

Karl Sasserath

Auszug aus Sitzungsprotokoll der Ratssitzung:
Ratsherr Breymann (CDU) stellt im Namen der Ratsfraktionen von CDU und SPD den Geschäftsordnungsantrag, den vorliegenden Fraktionsantrag in den Kulturausschuss zu schieben und dem Kulturausschuss den Auftrag zu erteilen, unter Beteiligung der Anlieger der betroffenen Straße, einen Beschluss zu erarbeiten, der dann der zuständigen Bezirksvertretung Nord zur weiteren Beratung zugeleitet werden soll.

Ratsherr Sasserath erklärt in der Gegenrede, dass der Beschlussentwurf rechtlich nicht zu beanstanden sei. Es würde eindeutig in die Zuständigkeit des Rates fallen, der Bezirksvertretung oder einem anderen Gremium eine Empfehlung zu geben. Von diesem Recht sollte der Rat auch gebrauch machen.

Abstimmungsergebnis zum Geschäftsordnungsantrag: Mit Stimmenmehrheit beschlossen (Nein-Stimmen: 11)

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