Krankenversicherungsschutz für Arbeitssuchende

Personen

Anfrage von Karl Sasserath in der Ratssitzung am 05.07.2017

Ich bitte um Beantwortung folgender Fragen zum Thema „Krankenversicherung im Sozialgesetzbuch II und dem Sozialgesetzbuch XII:

1. Wie viele Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) und dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) verfügen getrennt nach Geschlechtern nach Erkenntnissen des Jobcenters Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach über keine Krankenversicherung?

2. Was sind nach Erkenntnissen des Jobcenters Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach die Ursachen, die dazu führen, dass solche Menschen ohne Krankenversicherungsschutz sind?

3. Welche konkreten Maßnahmen werden von Seiten des Jobcenters Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach ergriffen, um solche Menschen ohne Krankenversicherungsschutz dabei zu unterstützen, wieder einen Krankenversicherungsschutz zu erhalten?

4. Wie viele Menschen in Mönchengladbach sind im Bereich des SGB II und des . SGB XII Mitglied von gesetzlichen Krankenkassen oder Ersatzkassen und wie viele Menschen Mitglied von privaten Krankenversicherungen?

5. Übernehmen die beiden Grundsicherungsträger im SGB II und des SGB XII die Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe?

6. Wenn die Beiträge zur privaten Krankenversicherung im SGB II und dem SGB XII von den beiden Grundsicherungsträgern nicht in voller Höhe übernommen werden, bis zu welcher monatlichen Beitragshöhe werden sie erstattet und womit wird dies begründet?

7. Sind dem Jobcenter Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach Fälle bekannt, in denen Menschen, die im Leistungsbezug des SGB Il und des SGB XII stehen und die Mitglieder von privaten Krankenversicherungen sind, gezwungen sind, weil der monatliche Beitrag zum privaten Krankenversicherungsschutz nicht in voller Höhe von den beiden Grundsicherungsträgern nach SGB II bzw. SGB XII übernommen wird, die Differenz aus den Regelleistungen aufzubringen?

Antwort der Verwaltung vom 05.09.2017


Krankenversicherungsschutz im Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II sowie der Sozialhilfe nach dem SGB XII

hier: Anfrage in der Sitzung des Rates vom 05.07.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Sasserath,

in der Sitzung des Rates der Stadt Mönchengladbach vom 05.07.2017 erfolgte Ihre Anfrage hinsichtlich des Themenbereiches „Krankenversicherungsschutz im Sozialgesetzbuch II und im Sozialgesetzbuch XII“.

Im Vorfeld der Beantwortung Ihrer Anfrage darf ich erneut auf die unterschiedliche Trägerschaft zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem kommunalen Träger im Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und die in diesem Zusammenhang stehende unterschiedliche Weisungsbefugnis hinweisen.

Grundsätzlich sind im Rahmen des § 5 Absatz 1 Ziffer 2 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, sofern diese Leistung nicht darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches (einmalige Bedarfe) bezogen werden. § 26 SGB II enthält darüber hinaus die gesetzliche Vorschrift zur Übernahme von Zuschüssen zu Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die Bundesagentur für Arbeit hat hier im Rahmen ihrer Weisungskompetenzen fachliche Weisungen erlassen, auf die ich gesondert hinweise.

Für den Leistungsbereich der Sozialhilfe übernimmt nach § 264 Absatz 2 SGB V die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten der Krankenbehandlung gegen Kostenerstattung durch den Sozialhilfeträger, soweit Leistungsberechtigte nicht krankenversichert sind.

Die Beantwortung erfolgt gesondert für den Rechtskreis des SGB II (in Abstimmung mit der Geschäftsführung des Jobcenter Mönchengladbach) und des SGB XII.

Die Fragestellungen aus der Anfrage werden nachfolgend beantwortet:

1. Wie viele Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) und dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) verfügen getrennt nach Geschlechtern nach Erkenntnissen des Jobcenters Mönchengladbach über keine Krankenversicherung?

SGB II
Grundsätzlich ergibt sich, wie in der Einführung bereits beschrieben, eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Es kommt in Einzelfällen vor, dass eine Klärung der Krankenversicherung erforderlich wird (hierzu wird auf Beantwortung in Frage 2 verwiesen). In einer Stichtagsbetrachtung zum 31.05.2017 hatten 117 Männer und 73 Frauen gemäß Datenlage keine Krankenversicherung. Eine Kontrollerhebung zum Stichtag 30.06.2017 hat erneut eine Anzahl von insgesamt 190 Personen ohne Krankenversicherungsschutz ergeben, wobei 102 Personen in beiden Stichtagen identisch waren. Für 88 Personen konnte die Versicherungsfrage innerhalb einen Monats abschließend geklärt werden.

SGB XII
Nach § 264 Absatz 2 SGB V übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung gegen Kostenerstattung durch den Sozialhilfeträger die Kosten der Krankenbehandlung für Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel SGB XII, soweit diese nicht krankenversichert sind. Die jeweils maßgebliche Krankenversicherung ist vom Leistungsberechtigten zu wählen. Auf Grund des Vorgenannten gibt es unter den Beziehern laufender Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII keine Personen ohne Krankenversicherungsschutz.

2. Was sind nach Erkenntnissen des Jobcenters Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach die Ursachen, die dazu führen, dass solche Menschen ohne Krankenversicherungsschutz sind?

SGB II
Für eintretende Versicherungslosigkeit sieht das Jobcenter Mönchengladbach vorrangig 4 Fallkonstellationen:

1. Fehlende Mitwirkung
Leistungsbezieher, die sich aufgrund gesetzlicher Regelungen privat versichern müssen, weil sie beispielsweise vor dem Leistungsbezug zuletzt privat versichert waren und hierzu dem Jobcenter trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt haben, sind nicht versichert. Wenn der Leistungsbezieher nicht mitwirkt, hat das Jobcenter rechtlich nicht die Möglichkeit, eine Krankenversicherung auf anderem Wege herbeizuführen.

2. Vorübergehend bestehender fehlender Krankenversicherungsschutz
Bei Leistungsbeziehern, die bei der Antragstellung keine Angaben zu ihrer letzten gesetzlichen Krankenversicherung machen können, gelingt es dem Jobcenter in Einzelfällen nicht, sie, wie vorgesehen, innerhalb der Zeitrahmens von 2 Wochen einer gesetzlichen Krankenversicherung zuzuführen. Die ist entweder einem längeren Abstimmungsbedarf mit der Krankenkasse geschuldet oder liegt im Einzelfall an einem Bearbeitungsfehler im Jobcenter. Diese Situation ist nur von kurzer Dauer.

3. Gesetzlicher Ausschluss
Es bestehen Fallgestaltungen, in denen nur eine freiwillige Versicherung durch den Leistungsbezieher gesetzlich möglich ist, dieser hiervon aber trotz des Hinweises des Jobcenter keinen Gebrauch machen möchte (z.B. darlehensweise Leistungsgewährung). Hierzu gehört auch der Personenkreis, die bei Arbeitsaufnahme ein Übergangsdarlehen bis zur ersten Lohnzahlung erhalten. In der Regel erfolgt hier jedoch der Versicherungsschutz bereits über das bestehende Arbeitsverhältnis.

4. Grenzgänger
Als Grenzgänger bezeichnet man Leistungsberechtigte, die im EU-Ausland erwerbstätig sind und aufstockende Leistungen des Jobcenter erhalten. Dieser Personenkreis unterliegt dem Sozialversicherungsrecht des anderen EU-Staates und ist deshalb in der Bundesrepublik Deutschland nicht krankenversichert.

SGB XII

Siehe Beantwortung Frage 1.
Welche konkreten Maßnahmen werden von Seiten des Jobcenters Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach ergriffen, um solche Menschen ohne Krankenversicherungsschutz dabei zu unterstützen, wieder einen Krankenversicherungsschutz zu erhalten?

SGB II
Mit fachlicher Weisung des Bundesagentur für Arbeit vom 20.12.2016 werden die Jobcenter verpflichtet, diese Fallgestaltungen durch entsprechende Abfragen im IT-System zu identifizieren und weitere Veranlassungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu treffen. Diese Abfragen werden im Jobcenter Mönchengladbach vierteljährlich durchgeführt und darüber hinaus fachaufsichtlich begleitet.

SGB XII
Siehe Beantwortung Frage 1.

Wie viele Menschen in Mönchengladbach sind im Bereich des SGB II und des SGB XII Mitglied von gesetzlichen Krankenkassen oder Ersatzkassen und wie viele Menschen Mitglied von privaten Krankenversicherungen?

SGB II
107 Personen sind privat versichert. Bei ca. 190 Personen ist bei einer monatlichen Stichtagsbetrachtung kein Krankenversicherungsschutz gegeben (siehe Frage 1.). Bei jahresbezogen durchschnittlich 39.000 erwerbsfähigen und nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Rechtskreis des SGB II besteht eine gesetzliche Krankenversicherung.

SGB XII

Stichtagsbezogen ergeben sich für Leistungsberechtigte im Dritten und Vierten Kapitel SGB XII (außerhalb von Einrichtungen) nachfolgende Darstellung:

Gesetzliche Krankenversicherung 3.858
Freiwillige Krankenversicherung 1.498
über § 264 Absatz 2 SGB V abgesichert 409
Private Krankenversicherung 58

Übernehmen die beiden Grundsicherungsträger im SGB II und des SGB XII die Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe?

SGB II
Die private Krankenversicherung ist verpflichtet, einen sog. Basistarif anzubieten. Dieser Basistarif ist von seinem Leistungsumfang weitgehend vergleichbar mit demjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Höhe wird vom Gesetzgeber jährlich angepasst und wird für 2017 in Höhe von 341,48 € Krankenversicherung zuzüglich 55,46 €.

Pflegeversicherung vom Jobcenter übernommen. Der Leistungsbezieher kann im Falle des Leistungsbezuges einen bestehenden Vertrag in einen Vertrag mit Basistarif umwandeln lassen. Es gibt Einzelfälle, in denen ein Leistungsbezieher einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, welcher über dem Basistarif liegt und teurer ist, aber aus persönlichen Gründen vom Leistungsberechtigten nicht abgeändert werden kann (z.B. höherer Leistungsumfang mit Selbstbehalten). In diesen Fällen kann nur der genannte Basistarif vom Jobcenter übernommen werden, so dass die Mehrkosten aus der Regelleistung zu tragen wären.

SGB XII
Für Personen, die einen Rechtsanspruch auf eine private Krankenversicherung begründen, haben die privaten Krankenversicherungsunternehmen seit 2009 einen sog. Basistarif anzubieten. Die Höhe des Beitrages zur Basisversicherung darf den durchschnittlichen Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten. Entsteht durch den Krankenversicherungsbeitrag Hilfebedürftigkeit im SGB XII, vermindert sich der Krankenversicherungsbeitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte. Kann der Leistungsberechtigte den reduzierten Beitrag nicht bezahlen ohne hilfebedürftig zu werden, hat der Sozialhilfeträger den reduzierten Beitrag ganz oder teilweise zu übernehmen. Von der sozialhilferechtlichen Angemessenheit des Basistarifs ist grundsätzlich auszugehen.

6. Wenn die Beiträge zur privaten Krankenversicherung im SGB II und dem SGB XII von den beiden Grundsicherungsträgern nicht in voller Höhe übernommen werden, bis zu welcher monatlichen Beitragshöhe werden sie erstattet und womit wird dies begründet?

SGB II und SGB XII
Siehe Frage 5.

7. Sind dem Jobcenter Mönchengladbach und der Stadtverwaltung Mönchengladbach Fälle bekannt, in denen Menschen, die im Leistungsbezug des SGB II und des SGB XII stehen und die Mitlieder von privaten Krankenversicherungen sind, gezwungen sind, weil der monatliche Beitrag zum privaten Krankenversicherungsschutz nicht in voller Höhe von den beiden Grundsicherungsträgern nach dem SGB II bzw., SGB XII übernommen wird, die Differenz aus den Regelleistungen auszubringen?

SGB II und SGB XII
Siehe Frage 5.

Mit freundlichen Grüßen

Hans Wilhelm Reiners, Oberbürgermeister

Schreibe einen Kommentar