Gerd Brenners Abschiedsrede im Jugendhilfeausschuss

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sind am Ziel. Gestatten Sie mir ein paar Worte zum Abschied, bevor ich anschließend zu einem kleinen Umtrunk einlade.

Meine erste Ausschusssitzung fand in grauer Vorzeit statt, und zwar im letzten Jahrhundert in einem Zimmer des Rathauses Abtei – nicht im Ratssaal, so wichtig war der Jugendhilfeausschuss damals nicht. Von den damaligen Mitgliedern ist, soweit ich sehe, nur noch Dorothea Hüttersen in unseren Reihen. Sie kam damals vom Paritätischen, zuletzt hat sie für den Mumm e.V. viele neue Kitas auf den Weg gebracht. Vorsitzender war in den 1990er Jahren Dr. Detlef Irmen. In den folgenden Jahrzehnten nahmen nacheinander Salvatore Russo, Friedhelm Stevens, Monika Berten und Wolfgang Wolff hier vorne Platz. Vor fünf Jahren fiel die Wahl dann auf mich.

Dezernentin war in meiner Anfangszeit Beate Zielke. Es folgten dann Dr. Michael Schmitz, Dr. Gert Fischer, Dörte Schall und nun Sebastian Dreyer. Amtsleiterin war am Anfang Elke Schulz, gefolgt von Reinhold Steins und nun Klaus Röttgen.

Zu den ersten JHA-Sitzungen bin ich vor Jahrzehnten durchaus mit gemischten Gefühlen gegangen. Ich kam damals aus einem basisdemokratischen Jugendverband und konnte in den 1990er Jahren Folgendes über die Institution JHA lesen – ich zitiere:

„Jugendhilfepolitikerinnen und Jugendhilfepolitiker werden von der Verwaltung des Jugendamtes künstlich naiv gehalten. […] Die in den Ausschüssen anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der freien Träger schlafen ohnehin so lange, bis ihre eigenen Pfründe zur Debatte stehen“ – Zitat Ende (H. Peter: Warum Jugendhilfe nicht funktioniert. In: Jugendhilfe in Niedersachsen. Sonderausgabe 4: Jugendhilfeplanung, Hannover 1999).

Da dämmerte es mir, dass es in einem Gremium wie dem JHA nicht nur darum gehen würde, sinnvolle Projekte voranzubringen, sondern auch darum, die Kommunikationskultur integrativ weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass mir das in den letzten Jahren als Vorsitzender einigermaßen gelungen ist. Als Mitglied des Ausschusses habe ich selbst noch Dezernenten erlebt, die eine besondere rhetorische Raffinesse und – wenn es argumentativ eng für sie wurde – einige obrigkeitsstaatliche Durchsetzungstechniken an den Tag legten, um sich möglichst rasch gegen die lästige Politik durchzusetzen. Damit musste ich als Mitglied des Ausschusses umzugehen lernen – um mir schließlich vorzunehmen, es etwas anders zu machen – offener und integrativer.

Die Zeiten haben sich seit meinen Anfängen sehr gewandelt. Meine Wahrnehmung ist: Es gab in den letzten Jahren in diesem Ausschuss viele sehr konstruktive und sachdienliche Aussprachen zu einer breiten Palette von Themen. Die Verwaltung hat Anregungen und kritische Anmerkungen der Politik, der Freien Träger und Fachverbände mitgenommen, diese konzeptionell verarbeitet und gleichzeitig selbst eine Fülle innovativer Projekte auf den Weg gebracht – zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in der Stadt. Erinnert sei – z.B. – an das Projekt Verkehrskindergarten, die präventiven Angebote auf der Rheydter Kirmes oder das Ferienprojekt Kreativstadt.  

Ich muss sagen, ich habe mich auf der Verwaltungsbank hier vorne in den letzten fünf Jahren wohl gefühlt – immer unterstützt und immer umgeben von Personen, die an der gemeinsamen Sache sehr interessiert waren. Das hat mir meine Arbeit leicht gemacht. Als moderierendes Bindeglied zwischen Politik, Fachverbänden und Verwaltung konnte ich in diesem Umfeld ziemlich gelassen agieren. Und wir alle konnten für Kinder und Jugendliche in der Stadt vieles voranbringen.

Die Bilanz fällt für mich am Ende dieser Ratsperiode insgesamt sehr positiv aus: Wir haben gute Arbeit geleistet – im Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und Fachverbänden. Ich kann nur die wichtigsten Handlungsfelder ansprechen:

1. Bei den Kitas haben wir mehrere Jahre in Folge die höchste Ausbaurate aller NRW-Großstädte hinbekommen. Das war eine enorme Kraftanstrengung der Verwaltung und der Freien Träger. Eher ungelöst ist noch das große Problem der frühkindlichen sprachlichen Bildung. Mit dem heutigen Beschluss dazu haben wir allerdings einen weiteren Schritt nach vorne getan.

2. Im Verbund mit der mags haben wir in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Spielplätze der Stadt deutlich aufgewertet worden sind. Die planerische Gestaltungskraft der Verwaltung und die Mittelbereitstellung durch die Politik haben vieles bewirken können. Von Leuchtturmspielplätzen wie dem im Hardter Wald bis zu den Quartiersspielplätzen sind viele Flächen grundsaniert und für Kinder und Familien wieder sehr nutzerfreundlich gestaltet worden. Auch dazu gab es heute eine Vorlage. Sie attestiert den meisten Spielplätzen in der Stadt inzwischen eine hohe Qualität.

3. Auch die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist in den letzten Jahren deutlich vorangekommen. Häuser wurden oder werden saniert und konzeptionell auf der Höhe der Zeit neu aufgestellt. Auch da haben Verwaltung und Politik mit konzeptionellen und planerischen Impulsen einerseits und entsprechenden Mittelbereitstellungen konstruktiv zusammengewirkt. Und die Häuserlandschaft in der Stadt ist – z.B. mit dem True Colours in der Stepgesstraße – deutlich diverser geworden.

4. Auch andere Handlungsfelder haben wir im Ausschuss immer wieder kritisch-konstruktiv begleitet, z.B. die Hilfen zur Erziehung, ein Praxisfeld, mit dem wir uns erst vor Kurzem sehr gründlich befasst haben. Wir haben zahlenbasiert Handlungsmöglichkeiten durchleuchtet und festgestellt, dass wir aus kommunaler Sicht keine wesentlichen Stellschrauben mehr benennen können, die nachzujustieren wären – zum Leidwesen des Kämmerers.

5. Andere Felder wie die Jugendverbände in der Stadt – zusammengeschlossen im Stadtjugendring – stehen selten auf der Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses. Die verbandliche Jugendarbeit ist ist das wohl autonomste, von der Politik konzeptionell unabhängige JHA-Handlungsfeld – und das ist gut so und soll so bleiben. Wir müssen nur dafür sorgen, dass die Förderrichtlinien in diesem Bereich immer dem Geist des KJHG folgen. Auch dafür haben wir in dieser Ratsperiode gesorgt.

Bleibt mir am Ende, Dank zu sagen für die vielen Initiativen zum Wohle von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Stadt. Ich wünsche all denen, die nach der anstehenden Kommunalwahl im Ausschuss bleiben werden, einen guten Start in die neue Ratsperiode. Und den ausscheidenden Mitgliedern des Ausschusses wünsche ich Zuversicht für ihre nächste Lebensphase. Machen Sie’s gut. Ich hoffe, Sie und euch beim anschließenden Umtrunk noch einmal kurz wiederzusehen.