Anfrage von Dr. Gerd Brenner im Jugendhilfeausschuss am 08.09.2015
Mitte August hat Johannes-Wilhelm Rörig, unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs auf Bundesebene, auf die besonderen Gefährdungssituationen von Kindern in Flüchtlingsunterkünften hingewiesen. Er forderte, auf die Sicherheit der Flüchtlingskinder in Unterkünften ganz besonders zu achten. Dabei müssten andererseits die vielen helfenden Einzelpersonen und Organisationen vor falschen Verdächtigungen bewahrt werden. Die Situation in Flüchtlingsunterkünften sei aber prekär, weil die dortigen Abläufe im Vergleich zu den klaren Strukturen in Kitas, Schulen oder Heimen oft ungeordnet und sehr dynamisch seien. Erwachsene und Kinder wohnten in Großunterkünften auf engstem Raum; Intimität, Rückzugsorte und Sprachvermittlung seien vielfach nicht gewährleistet. Sexuelle Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche könnten auch von Gleichaltrigen ausgehen.
Hat die Verwaltung für Flüchtlingskinder und -jugendliche in den Unterkünften der Stadt ein Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt entwickelt? Dabei ergeben die folgenden Teilfragen:
– Gibt es in den Einrichtungen eine verbindliche Festlegung von transparenten Verhaltensregeln zum Umgang miteinander und werden diese Regeln in allen relevanten Sprachen bekannt gemacht?
– Gibt es interne wie externe Ansprechpersonen und Beschwerdemöglichkeiten bei Vermutung und Verdacht auf sexuelle Übergriffe?
– Gibt es durch Fachkräfte betreute Spiel- und Freizeitbereiche für Kinder und Jugendliche, damit diese Fachkräfte gegebenenfalls Signale erkennen und Hilfen ermöglichen können?
Antwort der Verwaltung vom 11.11.2015
Ihre Anfrage in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 08.09.2015
Sehr geehrter Herr Dr. Brenner,
Sie haben in der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses folgende Fragen formuliert:
„Hat die Verwaltung für Flüchtlingskinder und -jugendliche in den Unterkünften der Stadt ein Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt entwickelt? Dabei ergeben sich folgende Teilfragen:
Gibt es in den Einrichtungen eine verbindliche Festlegung von transparenten Verhaltensregeln zum Umgang miteinander und werden diese Regeln in allen relevanten Sprachen bekannt gemacht?
Gibt es interne wie externe Ansprechpersonen und Beschwerdemöglichkeiten bei Vermutung und Verdacht auf sexuelle Übergriffe?
Gibt es durch Fachkräfte betreute Spiel- und Freizeitbereiche für Kinder und Jugendliche, damit diese Fachkräfte gegebenenfalls Signale erkennen und Hilfen ermöglichen können?“
In Mönchengladbach gibt es – analog zur Situation in anderen Städten – kein explizites Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt. Die in allen Unterkünften eingesetzten Hausmeister sind für die Bewohner in allen Belangen ansprechbar. Dies bezieht sich auch auf Probleme, die im Zusammenhang mit Konflikten zwischen Bewohnern zu sehen sind. Hinsichtlich der unterschiedlichen Formen von Gewalt beziehen sie ihre Vorgesetztenebene, die sozialpädagogischen Fachkräfte der Flüchtlingsbetreuung oder die Polizei ein. Der genannte Personenkreis ist über die Möglichkeit einer Einschaltung des Allgemeinen Sozialen Dienstes bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung informiert und nutzt dies auch in entsprechenden Fällen.
Der Verwaltung ist bewusst, dass Frauen und Kinder im Krieg, auf der Flucht oder in Flüchtlingsunterkünften zusätzlich speziellen Gefahren, wie sexualisierter Gewalt, ausgesetzt sind. Sie hat daher eine vom Land NRW finanzierte Fortbildungsreihe für Personen, die beruflich im Kontakt mit der Zielgruppe steht aufgelegt. Für die Veranstaltungen werden die entsprechenden Verwaltungskräfte und Hausmeister vom Dienst freigestellt.
Alle der Stadt zugewiesenen Flüchtlingskinder im entsprechenden Alter besuchen eine Schule, so dass auch dort etwaige Anzeichen für Problemlagen bei Kindern wahrgenommen werden können. Zunehmend mehr Kinder besuchen Kindertagesstätten, so dass bei diesen auch die dort installierten Frühwarnsysteme greifen können.
Auch in den Flüchtlingsunterkünften finden bei Familien mit Neugeborenen Begrüßungsbesuche durch die Fachstelle Frühe Hilfen statt. Deren sonstige Angebotspalette steht auch Flüchtlingseltern zur Verfügung.
Seit August gibt es mit Mogli – Mobil gemeinsam lernen international – ein aufsuchendes Spiel-und Beschäftigungsangebot für Vorschulkinder in Flüchtlingsunterkünften. Im Rahmen dieses sehr gut angenommenen Projektes des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie können kindeswohl-relevante Auffälligkeiten ebenfalls wahrgenommen werden.
Ehrenamtliche Helfer werden in der Regel durch Wohlfahrtsverbände oder die Kirchen betreut. Bei diesen ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses ohne einschlägigen Eintrag Voraussetzung für den Einsatz in der Flüchtlingsarbeit. Die Verwaltung koordiniert einen Pool von ehrenamtlichen Sprachlehrern, die ebenfalls ein solches Führungszeugnis vorzulegen haben.
Die geschilderten Maßnahmen sollen über eines nicht hinweg täuschen: die Verwaltung geht zunächst davon aus, dass Eltern ihre Kinder vor Gefahren durch andere schützen, dies bezieht sich auch auf Eltern von Flüchtlingskindern. Dennoch hat die Verwaltung das Thema im Blick und wird gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen.
Freundliche Grüße,
In Vertretung
Dörte Schall, Beigeordnete