Anfrage von Karl Sasserath an den Oberbürgermeister am 12.05.2020
Anschaffung von Laptops und anderen Geräten zur Förderung des Online-Unterrichts in Mönchengladbacher Schulen
Sehr geehrter Herr Reiners,
um den Online-Unterricht zu fördern, sollen bedürftige Schüler*innen einen Zuschuss für die Anschaffung von Laptops und anderen Geräten erhalten, so Bundesbildungsministerin Karliczek. Details nennt sie nicht – denn Schulpolitik ist Ländersache. Bedürftige Schüler*innen in Deutschland sollen nach dem Willen des Koalitionsausschusses der Bundesregierung einen Zuschuss in Höhe von 150 Euro für den Kauf eines Laptops oder anderen Gerätes für den Unterricht zu Hause erhalten. Der Koalitionsbeschluss stellt dafür insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung, die einerseits Schüler*innen in der Corona-Krise mit einem Zuschuss für den Kauf von Laptops oder Tablets, andererseits Schulen für die Erstellung von Online-Lehrangeboten zugutekommen, die zielgenau eingesetzt werden könnten. Für die Schulpolitik sind in Deutschland die Bundesländer selbst zuständig. Nach Aussage von Ministerin Karliczek gehe es darum, jetzt kurzfristige Hilfe zu leisten, dass digitaler Unterricht überall stattfinden könne, so dass die Frage, ob Kinder abgehängt würden, sich nicht mehr stelle. Union und SPD hatten sich im Koalitionsausschuss auf ein „Sofortausstattungsprogramm“ von über 500 Millionen Euro verständigt. Das Geld, auf das sich Union und SPD im Koalitionsausschuss für das „Sofortausstattungsprogramm“ verständigt hatten, sollen die Schulen für Online-Lehrangebote nutzen.
Vor dem Hintergrund flächendeckender Schulschließungen hatten Bildungsexperten immer wieder davor gewarnt, dass Schüler*innen aus ärmeren Familien abgehängt werden könnten, wenn sie keine Geräte für derzeit über E-Mail und andere elektronische Kanäle stattfindende Kommunikation mit den Lehrern haben.
Die zwei Millionen Hartz 4-Kinder sind in der momentanen Situation, in der viele Schulen geschlossen sind und der Unterricht vielfach nur als digitales Angebot stattfindet, besonders benachteiligt. Im Regelsatz nach dem SGB II und SGB XII sind für den Posten “Kauf und Reparatur von Festnetz- und Mobiltelefonen und anderen Kommunikationsmitteln”, unter den auch die Anschaffung von Computern fällt, weniger als 3 Euro monatlich vorgesehen. Das digitale Klassenzimmer verlangt aber einen Internetvertrag mit ausreichend großem Datenvolumen oder das Ausdrucken von Arbeitsblättern, alles zusätzliche Belastungen für die betroffenen Familien. Nach der Sozialberichterstattung sind in der Stadt Mönchengladbach allein ein Drittel der Kinder arm. Unter der rechtlichen Verpflichtung zur Schulpflicht gehört es zur staatlichen Verantwortung, allen Kindern unabhängig von der Herkunft und der Einkommenslage der Eltern den gleichberechtigten Zugang und die Teilhabe am Schulunterricht zu ermöglichen.
Ein Zustand, in dem schulpflichtige Kinder unverschuldet in eine Notlage kommen und sich vor Lehrer*innen und Mitschüler*innen rechtfertigen: ‚Ich konnte meine Aufgaben nicht machen während der Zeit, weil ich den Zugang nicht hatte.‘, ist deshalb inakzeptabel und alles andere als integrativ.
Vor dem Hintergrund dieser Bemerkungen bittet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mönchengladbach die Verwaltung kurzfristig um die Beantwortung nachfolgender Fragen:
1. Welche Strategie verfolgt die Stadtverwaltung Mönchengladbach, um Kindern unabhängig von der Herkunft und der Einkommenslage eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Schulunterricht zu ermöglichen?
2. Wie organisiert die Stadtverwaltung die Verteilung des auf die Stadt Mönchengladbach entfallenden Anteils am 500 Millionen Zuschuss der Bundesregierung zur Förderung der digitalen Teilhabe von Kindern aus bedürftigen Haushalten und wie wird das Antragsverfahren ausgestaltet?
3. Durch welches Verwaltungshandeln stellt die Stadtverwaltung Mönchengladbach sicher, dass das Antragsverfahren den rechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Sozialdaten entspricht?
4. Welche Voraussetzungen müssen für einen Antrag auf Bewilligung eines Zuschusses vorliegen?
5. Hält die Stadtverwaltung einen Betrag in Höhe von 150 Euro zur Beschaffung von Geräten zur Teilhabe am digitalen Lernen in Schulen für ausreichend?
6. Wenn nein, wie hoch ist aus Sicht der Verwaltung der Betrag zu bemessen, der ausreichte, um Kindern eine Teilhabe am digitalen Lernen zu ermöglichen?
7. In welcher Höhe bemisst sich der jährliche Finanzbedarf für den Bedarf aller Kinder in Mönchengladbach, die die Voraussetzungen erfüllen, um einen Antrag auf Förderung aus dem Bundes-Programm zur digitalen Teilhabe zu stellen?
8. Durch welches Verfahren wird die Stadtverwaltung sicherstellen, dass a.) der individuelle Bedarf (Subjektförderung) und b.) der Bedarf an Schulen (Objektförderung) sichergestellt wird, um allen Kindern eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Lernen zu erreichen?
9. Wenn von Seiten der Stadtverwaltung der individuelle Finanzbedarf höher als die 150 Euro des Bundes bemessen wird, wie hoch ist der jährliche ungedeckte Finanzbedarf zur digitalen Teilhabe am Schulunterricht für alle berechtigten Haushalte in Mönchengladbach?
10. Ist von Seiten der Stadt beabsichtigt, den Zuschuss des Bundes durch eine komplementäre Förderung bedarfsgerecht aufzustocken? Wie hoch wird seitens der Verwaltung der hierfür erforderliche Finanzbedarf bemessen?
11. Ab wann und wo können Eltern die Anträge stellen? Durch welche Form und Wege der Öffentlichkeitsarbeit bewirbt die Stadtverwaltung das Programm?
Für eine zeitnahe Beantwortung der Fragen im Vorfeld des beginnenden Beratungszuges bedanke ich mich.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Sasserath, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
Antwort der Verwaltung vom 03.06.2020
Betr.: Anschaffung von Laptops und anderen Geräten zur Förderung des Online-Unterrichts in Mönchengladbacher Schulen
Sehr geehrter Herr Sasserath,
ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 12. Mai, das ich im Namen des Oberbürgermeister Reiners beantworten darf:
Dabei darf ich mich zunächst auf die Beratungen im Schul- und Bildungsausschuss am 27. Mai beziehen. Hier wurde das von Ihnen angesprochene Problem ausführlich diskutiert. Dabei wurde – vorgetragen durch die Vertreterinnen und Vertreter der Schulformen – klar, dass das Beschaffen von Endgeräten, die in der einen oder anderen Familie fehlen, bestenfalls Teil einer Lösung sein kann. Problematischer ist die Tatsache, dass „Lernen auf Distanz“ längst nicht von allen Schulen optimal organisiert ist, und in den Familien besteht sehr oft die Schwierigkeit, dass zwar Geräte vorhanden sind, dass diese aber nicht so beherrscht werden, wie es nötig wäre, um zu sinnvollen Unterrichtsformen zu kommen.
Dennoch ist die Initiative der Bundesregierung natürlich zu begrüßen. Leider gibt es Stand heute nur verschiedene Gerüchte und eine nicht sehr detaillierte Berichterstattung in den Medien. Auf belastbare Informationen und die für die Umsetzung notwendigen Erlasse warten die Kommunen bis heute.
In der Sitzung des Schul- und Bildungsausschuss am 27. Mai wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen ein Beschluss gefasst, der verkürzt gesprochen, die Verwaltung auffordert, den anstehenden Prozess möglichst zügig und aktiv zu begleiten. Das werden wir selbstverständlich tun.
Wie schnell das gehen kann, wird aber auch von den seitens Bund und Land vorzugebenen Rahmenbedingungen abhängen.
Mit freundlichem Gruß
In Vertretung
Dr. Gert Fischer, Beigeordneter