„Wald der Zukunft“: Wie wir von Lübeck lernen können

Die Landschaften in Deutschland leiden, wie wir alle wissen, sehr durch den Klimawandel – Dürre und Hitze setzen den Bäumen extrem zu. Manche Baumarten wie Fichten kommen mit diesen Bedingungen kaum noch zurecht, die meisten Waldbäume halten trockene Phasen aber aus. Problematisch wird es, wenn die für Bäume wichtigen Wasserreserven in der Tiefe nicht wieder aufgefüllt werden können. Bedingt durch längere Trockenperioden in der jüngsten Vergangenheit herrscht in den tieferen Erdschichten immer noch Dürre. Auch der verregnete Sommer dieses Jahres kann diese Defizite nicht komplett ausgleichen.

Forstexperte stellt „Naturnahe Waldnutzung“ vor
Der Forstbetrieb der Stadt bei der mags hat dies auch längst erkannt; er stellt sich schon jetzt auf eine andere Waldwirtschaft und Waldpflege ein. Vor diesem Hintergrund traf es sich sehr gut, dass der NABU Mönchengladbach diese Thematik aufgegriffen und dazu einen Forstexperten in die „Vitusstadt“ eingeladen hatte: Diplom Forstwirt Lutz Fähser, ehemals leitender Forstdirektor und früherer Leiter des „Bereiches Stadtwald“ der Hansestadt Lübeck, war im Rahmen einer Wald-begehung durch den Buchholzer Wald zu Gast in Mönchengladbach und stellte Experten und Politikern den Weg der Stadt Lübeck vor, wo Lutz Fähser erfolgreich das Konzept der „Naturnahen Waldnutzung“ eingeführt hatte. Die Idee dabei: Mit einem größeren Strukturreichtum sind die Wälder besser in der Lage, mit den Wassermengen hauszuhalten, die ihnen zur Verfügung stehen. Am Ende wird der Wald widerstandsfähiger und ertragreicher.

Wald der Zukunft
An den Gesprächen und an der Waldbegehung hatten neben Fachleuten aus der Verwaltung und den Umweltverbänden auch Bürgermeister Hajo Siemes (Bündnis 90/Die Grünen) und Beate Wyen, Vorsitzende des hiesigen Grünen-Kreisverbandes, teilgenommen. Im Nachgang dazu gab es nun auf Anregung von Hajo Siemes ein Gespräch zwischen den grünen Vertretern im Verwaltungsrat der mags AöR sowie dem mags-Vorstand und den Fachleuten bei der mags. Leitlinie des Gesprächs war der Gedanke, inwieweit das Konzept „Wald der Zukunft“ der Stadt Lübeck auf Mönchengladbach übertragen werden kann und welche städtischen Waldflächen dafür möglicherweise in Frage kämen.

Lübecker Konzept
Eine Kernaussage des Lübecker Konzeptes ist, nicht zu stark in das Wachstum der Waldbäume und des Holzbestandes einzugreifen und den Wald möglichst weitgehend sich selbst zu überlassen. „Das bedeutet, den Wald beim Wachsen zwar zu begleiten, aber so wenig wie möglich einzuwirken, das Totholz im Wald zu belassen und nicht allzu sehr zu forsten und aufzuräumen“, erläutert Hajo Siemes.

Die mags stützt viele gute Ansätze in diesem Konzept und begrüßt grundsätzlich die Anregung, nicht allzu sehr in das Wachstum einzugreifen. „Es ist klar, dass auch die Forstwirtschaft sich den neuen Gegebenheiten des Klimawandels stellen muss und nicht mehr wie bislang Baumentnahmen und Fällungen im bisherigen Umfang vornehmen kann“, stellt Hajo Siemes fest. Deutlich wurde im Gespräch allerdings, dass das Konzept aus Lübeck nicht eins zu eins auf Mönchengladbach übertragen werden kann. Grund: Die Bodenverhältnisse sind zu unterschiedlich, die klimatischen Bedingungen anders. Der Wald in und um Mönchengladbach befindet sich überdies zu großen Teilen in Privatbesitz, sodass für die Pflege der oft zusammenhängenden Flächen unterschiedliche Besitzer zuständig sind. „Es ist an diesem Punkt sinnvoll und notwendig, wenn die Stadt, respektive die mags und die privaten Besitzer, enger zusammenarbeiten, um zu einer gemeinsamen Vorgehensweise zu kommen“, regt Hajo Siemes an. „Natürlich ist dies wegen der unterschiedlichen Vorstellungen von Forsten und Pflege alles andere als einfach“, weiß Siemes.

Im Rahmen der ausgiebigen und fachlichen Diskussion aller Beteiligten wurden gleichwohl einige Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und konkrete Absprache vereinbart: „Klar ist, dass der Wald in Zukunft anders gepflegt und behandelt werden muss als in der Vergangenheit“, stellt der grüne Bürgermeister fest. Eingriffe sollen künftig auf ein Minimum reduziert werden. Weiter sollen, wo möglich, zusätzliche neue Waldflächen entstehen, und auch der Bestand an Baumarten soll sich verändern. „Die Forstwirtschaft wird schon jetzt auf den städtischen Flächen auf ein Minimum reduziert und ist längst nicht mehr der Hauptbestandteil der Waldnutzung“, erläutert Hajo Siemes. „Wir sind uns alle einig, dass jeder Baum und erst recht ein guter Wald dazu beitragen, das schädliche Kohlendioxyd aus der Luft zu filtern und das Klima zu verbessern.“ Der Wald soll in erster Linie dem Klimaschutz, der Luftgüte und der Erholung dienen.

Die Runde der Fachleute war sich im Rahmen der Gespräche einig, einen neuen Termin für den Sommer des nächsten Jahres festzuhalten. Bis dahin wird die mags in Erfahrung bringen, ob weitere Waldflächen in der Stadt, ähnlich wie Teile des Buchholzer Waldes, zum „Wald der Zukunft“ umgewidmet und dort nach Möglichkeit keine Eingriffe vorgenommen werden. „Ziel sollte es sein, zunächst einmal zehn Prozent des städtischen Waldes sich weitgehend selbst zu überlassen, so dass wir ein optimal selbst organisiertes naturnahes Waldsystem bekommen“, sagt Hajo Siemes im Hinblick auf den nun angestrebten ökosystem-orientierten Umgang mit den hiesigen Wirtschaftswäldern.

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