Liebe Mitglieder der jüdischen Gemeinde Mönchengladbach und des jüdischen Wohlfahrtsverbandes Mönchengladbach-Viersen, liebe Frau Dr. Floh, sehr geehrte Damen und Herren,
stellvertretend für die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, aber auch sehr persönlich möchte ich an dieser Stelle unsere tiefe Betroffenheit, Erschütterung und Mitgefühl über die schrecklichen und bedrückenden Bilder, die uns aus Israel und dem Nahen Osten erreichen, zum Ausdruck bringen.
Wenn man selbst nicht tagtäglich in der latenten Gefahr lebt, von Bomben und Anschlägen bedroht zu sein, täglich um das eigene Leben und das der Angehörigen fürchten zu müssen, dann kann man kaum erahnen, wie unfassbar die Angst und Sorge der Menschen dort sein muss. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass diese Waffengewalt nicht zu einem Dauerzustand werden darf, sondern auf allen Seiten der Weg zu friedlichen Gesprächen geöffnet werden muss.
Was mich hier in Deutschland besonders betroffen, aber auch wütend macht, ist der Umstand, dass Menschen jüdischen Glaubens sich hier nicht sicher sein können, so, wie es eigentlich für alle, die hier leben, selbstverständlich sein sollte. Dass wieder unreflektiert antiisraelische und vor allen Dingen menschenverachtend antijüdische Stimmen laut werden und Anschläge auf jüdische Einrichtungen und Leben verübt werden. Das können wir nicht kritiklos hinnehmen. Dagegen müssen wir alle zusammenstehen! Deswegen sind wir heute hier!
Wenn wir von Deutschland nach Israel blicken, dann vergessen Viele gern, dass der Staat Israel die einzige funktionierende Demokratie im Nahen Osten ist. Nach wie vor wird aber das Existenzrecht Israels von einigen Ländern und Organisationen im Nahen Osten nicht anerkannt. Von der Hamas z.B. wissen wir, dass sie den Staat Israel vollständig, bedingungslos und unbefristet zerstören will. Immer wieder müssen wir Stimmen hören, die das Existenzrecht dieses Staates in Abrede stellen und mit Waffengewalt bekämpfen. Das darf nicht sein!! Israel ist ein Staat, der auf der Grundlage seiner Verfassung das Wohlergehen seiner Bevölkerung unter Achtung der Freiheit der Religion und der freien Meinungsäußerung garantiert. Wir haben zuletzt auch in der Corona-Pandemie gesehen, dass Israel ein gut funktionierendes Staatswesen ist. Es ist in Israel möglich, Kritik – auch an der jeweiligen Regierung – zu üben, ohne dafür verhaftet zu werden oder Repressalien zu befürchten. Jeder in Israel kann in freien Wahlen für den Erhalt des Bestehenden oder eben für eine Veränderung stimmen. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit, wie uns das aktuelle Beispiel Belarus zeigt.
Es ist in Israel wie in Deutschland möglich, Kritik an der mehrheitlich gewählten eigenen Regierung und den Regierungsparteien zu üben. Wir dürfen zugleich europäische, amerikanische, russische und sonstige Politiker*innen kritisieren oder loben. Wir müssen nicht alles gut finden, aber das Entscheidende dabei ist: Kritik am Handeln von Regierenden, die durchaus auch berechtigt sein kann, darf nicht in einen dumpfen Hass auf ein Land und seine Bewohner*innen münden. Hier müssen wir eine scharfe Trennlinie ziehen! Dem Antisemitismus und dem Faschismus dürfen wir nicht den geringsten Raum lassen!
Verehrte Anwesende, liebe Frau Dr. Floh, ich sehe so unsere Zusammenkunft hier als klares Zeichen für den Staat Israel, für jüdisches Leben im Nahen Osten und selbstverständlich hier in Deutschland.
Auch wenn unsere tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten vielleicht gering sind, ist unser heutiges Zeichen der Solidarität wichtig und ich wünsche uns allen – hier, den Menschen in Israel und im gesamten Nahen Osten – von Herzen, dass nach der aktuellen Gewalt dort wieder Friede einkehren möge.
Frieden. Schalom. Danke.
Boris Wolkowski